THE OPERATIC LIBRARY OF ELECTOR MAXIMILIAN FRANZ

Ein musikaffiner Kurfürst aus dem Hause Habsburg

Maximilian Franz wurde am 8. Dezember 1756 als jüngstes Kind von Kaiser Franz I. Stephan und Maria Theresia geboren. Er war somit Teil einer Familie, die für ihre Neigung zu Musikförderung und -pflege weithin bekannt war und immer noch ist, deren Umgang mit und Verständnis von Musik sich gerade in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert aber entscheidend änderte. Während in den Generationen unmittelbar vor Maximilian der Musik und der eigenen Musikausübung vor allem der repräsentative, gesellschaftliche Raum (von einem öffentlichen kann in dieser Zeit noch nicht gesprochen werden) zugedacht war, so änderte sich dies ab Maria Theresia und der Bedeutung, die der (neu entstehenden) privaten Sphäre nun beigemessen wurde. Das eigene Musizieren der Herrscherfamilie und des sie umgebenden Adels wurde ein wichtiges Element dieser Privatheit, die Musik dadurch noch mehr vom Repräsentationsinstrument zum sozialen Faktor.

Jean-Étienne Liotard [Public domain], via Wikimedia Commons

Jean-Étienne Liotard: Erzherzog Maximilian Franz, 1762. Via Wikimedia Commons.

Maximilian wuchs also an einem Hof und in einer Gesellschaft auf, wo die Musik eine komplexe und aktive Rolle in Sozialisationsprozessen und sozialen Beziehungen generell spielte. Er erhielt Musikunterricht von hochrangigen Hofmusikern und wurde von frühester Kindheit an in das kulturelle Geschehen am Wiener Hof eingebunden – als Rezipient und Akteur gleichermaßen.

Das Repertoire, das er während dieser frühen Zeit am Wiener Hof kennenlernte – durch die Hofmusikkapelle, in den Theatern, durch Opern- und Ballettaufführungen im Rahmen von Kindertheater, sowie das eigene Musizieren mit Familienmitgliedern, anderen Adeligen und Musikern – und auf seiner Reise, die er 1774/75 als Abschluss seiner Ausbildung durch Deutschland und Italien absolvierte – prägte seinen musikalischen Geschmack und sein späteres Rezeptionsverhalten und fand, wie es scheint, auch direkten Niederschlag in seiner Musikaliensammlung.

Im Catalogo Generale werden zahlreiche Stücke aufgelistet, die während der Zeit von Maximilians Kindheit, etwa in den 1760ern und frühen 1770ern, enstanden waren, oft mit einem direkten Bezug zum Kaiserhof, wie etwa Glucks Il parnasso confuso, das 1765 anlässlich der zweiten Hochzeit von Joseph II. von einigen Erzherzoginnen aufgeführt und von Leopold am Cembalo geleitet wurde, und von dem sich auch eine Abschrift in Modena erhalten hat.

Catalogo Generale, I-MOe, Cat. Gen. 53 (I-II), fol. 114v-115r

Catalogo Generale, I-MObeu, Cat. Gen. 53 (I-II), fol. 114v-115r. Hier sind einige Werke aufgelistet, die in direkter Verbindung mit dem Wiener Hof stehen und die Maximilian Franz wohl in seiner Kindheit gehört bzw. gesehen hat.

1784, im Alter von 28, übersiedelt Maximilian Franz nach Bonn, um sein Amt als Kölner Kurfürst anzutreten. Er wird vom Bruder des Kaisers am Wiener Hof zum Herrscher mit eigener Residenz, zu der auch eine eigene Hofmusik und ein eigenes Hoftheater gehören. Er bereichert dies dabei nicht nur in materieller Hinsicht um seine Notensammlung, sondern bringt ebenso Kontakte und Erfahrungen aus dem Wiener Musikleben mit nach Bonn. Dort geht er seinen Neigungen weiter nach, musiziert, umgibt sich mit Musikern und musikaffinen Adeligen und vergrößert seine Sammlung. Außerdem setzt er sich durchaus intensiv mit den Systemen der Hofmusik und des Theaters in Bonn auseinander. Die Rolle von Maximilian Franz als Akteur im Bonner Musik- und Theaterleben ist eines der zentralen Erkenntnisinteressen des Projekts.